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Schon bald nach der Ortsgründung wurde das Amt eines Gemeinarztes geschaffen, das waren Ärzte, die gegen eine bescheidene Besoldung durch die Gemeine unbemittelte Mitglieder der Gemeinde unentgeltlich behandelten, gegen Honorar wurden die wohlhabenderen Patienten aus den umliegenden Dörfern behandelt. 1927 wurde auch eine Apotheke in Herrnhut gegründet, ein Krankenhaus wurde erstmals 1852 eingerichtet und zwar in der Dürninger Straße 13.
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Das Haus war anfangs nur zur Unterbringung der erkrankten, durchreisenden, fremden Handwerksgesellen und Dienstboten bestimmt, wenn die betreffenden Handwerksmeister bzw. die Herrschaft die Kranken nicht in ihren Wohnungen unterbringen und pflegen konnten, vorher wurden solche Patienten im Gasthof betreut. Dabei muß man berücksichtigen, daß es in Herrnhut verschiedene Chorhäuser gab (Wohnheime z. B. für Unverheiratete und Verwitwete), die selbst eine Krankenstube hatten, wo Familienangehörige dort ihre Kranken betreuten. Der erste Patient im Krankenhaus war ein fremder Fleischergeselle. Für erkrankte mittellose Durch reisende trat die Armenkasse ein. 1901 wurden erstmals Nieskyer Diakonissen als Pflegepersonal nach Herrnhut entsandt, 1907 wurde das Krankenhaus baulich erweitert und 1911 das rechts daneben gelegene Haus Dürninger Straße 15 als Altersheim angekauft. Später wurde auch der links vom Krankenhaus gelegene Anbau der ehemaligen Tabaksfabrik Dürninger Straße 11 a angegliedert. Augenzeugen erinnern sich, daß sich in den 20er Jahren dort eine Isolierstation mit vergitterten Fenstern befand.
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Anfang der 30er Jahre bot die Firma Dürninger der Stadt dann das jetzige Krankenhausgebäude August-Bebel-Straße - Ecke Dürninger Straße zum Kauf an, noch ohne Toreinfahrt. Schon im Ersten Weltkrieg war das Erdgeschoß dieses Gebäudes als Lazarett genutzt worden. Es wurde also als Krankenhaus und Altersheim gebaut und im Oktober 1933 bezogen. Die beiden bisherigen Häuser auf der oberen Dürninger Straße gingen in Privathand über. Das Krankenhaus war von Anfang an ein sogenanntes, Belegerkrankenhaus".
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Es gab keine angestellten leitenden Ärzte, sondern die ortsansässigen Ärzte behandelten ihre Patienten im Krankenhaus weiter und rechneten ihre Krankenhaustätigkeit im Rahmen ihrer Allgemeinpraxis über die ärztliche Abrechnungsstelle ab. Die Leitung des Hauses
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oblag seit Beginn des Einsatzes den Diakonissen. Erst gab es nur 25 Krankenhausbetten, die überwiegend auf der heutigen Station 2 untergebracht waren. Die heutige Station 1 wurde als Altenheim genutzt. Es gab einen Operationssaal, ein Röntgengerät und ein kleines Labor. 1904 wandte sich die Gemeinde an den Chefarzt des damaligen Stadtkrankenhauses Görlitz mit der Bitte, einen dort ausgebildeten Arzt für Herrnhut vorzuschlagen. Die Wahl fiel auf Dr. Ulrich, geb. 1870 in der Niederlausitz, der nach seiner klinischen Ausbildung seit kurzem in Königshain bei Görlitz als Landarzt tätig war. Er nahm den Vorschlag an und zog im Juni 1904 in das Haus Zittauer Straße 10 ein, das er später als Eigentum erwarb und bis zu seinem Tode bewohnte. Während des Ersten Weltkrieges war es zur Versorgung der Bevölkerung freigestellt und hatte gegen Ende desselben ganz Herrnhut und Umgebung, ja zeitweilig auch Bernstadt, mit zu versorgen. Nach dem Ersten Weltkrieg, in dem er außerdem ein Hilfslazarett in Herrnhut zu betreuen hatte, mußte er eine zeitlang zu Fuß gehen oder mit dem Rad fahren, vorher hatte er seine Hausbesuche mit Pferd und Wagen gemacht. In den 20er Jahren konnte er sich dann als erster Herrnhuter Bürger einen Pkw anschaffen. Zur gleichen Generation gehörte Dr. Edgar Hummel, er war 1870 in Philadelphia/USA als Kind deutscher Einwanderer geboren. Er hatte seine Praxis auf der August-Bebel-Straße im jetzigen Cafe Förster. Er war als Original bekannt, mit seinen derb volkstümlichen Umgangsformen war er besonders bei der Landbevölkerung beliebt, von Hygieneordnung und Diskretion hielt er wenig, er nahm oft gleich mehrere Patienten zusammen ins Sprech-zimmer. Übereinstimmend wird er wegen seiner treffsicheren Diagnosen und seiner Un-eigennützigkeit gelobt. Er behandelte mittellose Patienten auch unentgeltlich. Später war dann noch der Sohn von Dr. Hummel für das Krankenhaus mit tätig. Weitere Ärzte, die die Patienten auf den Stationen betreuten, waren in diesen Jahren Dr. Dannert, Dr. Berge (1933), später Dr. Grundmann und Dr. Meyer. Für den Herrnhuter Raum standen auch zwei Hebammen, die ambulant tätig waren, zur Verfügung. Noch vor dem Ausbruch des Krieges 1938 wurde ein Neubau am Hinterflügel, jetzt die Stationen 3 und 4, fertiggestellt, der mit dem Altbau durch einen geschlossenen Gang über der Hofeinfahrt verbunden wurde. Das Türmchen auf dem Dach dieses Ganges ist ein altes Herrnhuter Baudenkmal, es hafte früher auf einer anderen Toreinfahrt gestanden, die nach einem Brand 1905 nicht wieder hergestellt wurde. Dieser Neubau war als Altenheim vorgesehen, während des Krieges diente er jedoch auch als Krankenhaus und Lazarett.
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In den Kriegsjahren waren Dr. Oertel, Dr. Grundmann und Dr. Meyer tätig, am Kriegsende traf Dr. Leporin in Herrnhut ein und übernahm die Betreuung mit. Am 21. Februar 1945 kam die Anweisung, das Krankenhaus zu evakuieren, die Kranken und Verwundeten wurden über Nordböhmen nach Bayern gebracht. Am 8. Mai 1945 kam es zu einem großen Brand in Herrnhut, der das Stadtzentrum weitgehend zerstörte, das Krankenhaus blieb dabei unversehrt. In den nächsten Jahren war etliche Ärzte als Beleger am Krankenhaus Herrnhut tätig (Dr. Ulrich, Dr. Eckardt, Dr. Oertel und Dr. Lier, später auch Dr. Deponte, der hauptsächlich geburtshilflich tätig war). Zu größeren chirurgischen Operationen kam häufig Dr. Thumstädter aus Zittau. Ende 1952 wurde das Krankenhaus Herrnhut, bis dahin der Stadt Herrnhut unterstehend, dem Staatlichen Gesundheitswesen des Kreises Löbau übergeben. Das nicht mehr zeitge-mäße Belegersystem fand ein Ende und als erster Chefarzt trat Dr. Lischka mit Beginn des Jahres 1953 seinen Dienst an. Er war damals für das Krankenhaus der einzige Arzt und war als solcher gleichzeitig Leiter, Operateur, Stations- und Ambulanzarzt und hatte somit praktisch Dauerbereitschaft. Nach einjährigem Praktikum stieß zu ihm der Arzthelfer Alfred Herbst. 1953 wurden die Bewohner des Altenheimflügels im Krankenhaus ausquartiert und 1954 erhielten der niedergelassene Internist Dr. Grundmann aus
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Anfang der 70er Jahre trat durch den Zuzug von jungen Ausbildungsassistenten (Dr Eichler, Dr. Heinzel, Dr. Posselt und Dr. Roß)
eine Stabilisierung der ärztlichen Versorgung ein. Aufgrund des Profils des Krankenhauses mußten diese Assistenten jedoch einen großen Teil ihrer Ausbildung in auswertigen
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Einrichtungen
(Bezirkskrankenhaus Görlitz, Medizinische Akademie Dresden, Bezirkskrankenhaus Coswig) absolvieren. 1974 übernahm Herr Dr. Lothholz, ein Arzt aus Thüringen, die Leitung des Krankenhauses In diese Zeit fiel auch eine ganze Reihe von Baumaßnahmen, die zu einer Verbesserung der Aufenthaltsbedingungen unserer Patienten und der Mitarbeiter führten, z. B. Fahrstuhlbau, Sanitärbau Stadion 2, Ausbau einer Physiotherapieabteilung, Einrichtung von Obenwachungszimmer für Patienten und Bereitschafiszimmer.
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Mitte der 70er Jahre schlossen die obengenannten Ausbildungsassistenten ihre Facharzt-ausbildung
erfolgreich ab. Mit der etwas umstrittenen Umprofilierung des Krankenhauses Herrnhut in eine stationäre Einrichtung, wo nur noch internistische Patienten betreut werden, ergaben sich natürlich Möglichkeiten
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einer Verbesserung der fachspezifischen Diagnostik und Therapie.
Durch eine gute Zusammenarbeit mit dem Bezirkskrankenhaus Görlitz wurde abgesichert, daß die Patienten eine weitestgehend, den Erfordernissen entsprechende Betreuung erhielten. Neue, standardisierte Röntgenuntersuchungen, die Ultraschalldiagnostik, ergometrische Untersuchungen usw. bestimmen zunehmend das Profil.
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1988 beendete der Chefarzt Dr. Lothholz seine Tätigkeit, kommissarisch wurde das
Krankenhaus durch Herrn Dr. Eichler weitergeführt bis zur Wende. Nach der Wende übernahm Herr MR Dr. Bartsch die Leitung der Inneren Abteilung. In dieser Zeit wurden die Ultraschalldiagnostik und Endoskopie aufgebaut.
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Leider mußte er nach 2 Jahren seine Tätigkeit beenden.
Einige Ärzte gingen in die private Niederlassung (Dr. Heinzel, Dr. Posselt).
1991 erfolgte der Heizungsneubau sowie ein Schornsteinneubau mit Sanierung. Die Röntgenabteilung wurde umgebaut. 1992 und 1993 erfolgte die Dachrekonstruktion. 1996 übernahm Dr. med. Plagwitz die Leitung des Krankenhauses Herrnhut bis zum Frühjahr 1998.
1998 übernahm Dr. Rieger die Chefarztfunktion auch für die Klinik Herrnhut. Da er gleichzeitig als Kardiologe große Erfahrungen hat, erweitert sich natürlich auch das Behandlungspektrum und die Diagnostik.
Seit Mitte Mai 2000 ist eine Ausstellung im Gartenpavillion des Herrnhuter Krankenhauses zu sehen. In dieser wird schon auf das Jahr 2002 vorrausgeschaut, denn dann wird das Krankenhaus 150 Jahre alt. In zwei Räumen kann man sich über seine Geschichte informieren. Im Obergeschoß ist eine historische Krankenhausstube zu besichtigen. Herrnhutbesucher können sich auch diese interessante Exposition anschauen, den Schlüssel erhalten sie an der Pforte, der Eintritt ist frei. Der Pavillion ist übrigens im Jahre 1800 erbaut worden und das einzig gebliebene klassizistische Bauwerk im Barock geprägten Herrnhut. Erst im vergangenen jahr wurde er saniert
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